Das Automations-Editor-Panel

Jedes Panel in Bitwig Studio ist auf bestimmte Funktionen spezialisiert. Das Arranger-Panel hat, notwendigerweise, den bei Weitem größten Funktionsumfang. Die Bearbeitung von Automationsdaten gehört jedoch nicht zu seinen Hauptaufgaben. Zu diesem Zweck gibt es das Automations-Editor-Panel.

Spur-Editiermodus

Wenn das Automations-Editor-Panel zum ersten Mal innerhalb der Arrange-Ansicht aufgerufen wird (mit dem Schalter Automations-Editor-Panel in der Fußzeile), öffnet es sich zuerst im Spur-Editiermodus.

In diesem Modus sieht die Oberfläche sehr vertraut aus. Durch das Taktlineal (siehe Arrange-Bereich, Arranger-Zeitleiste und Zoomen), die Taktraster-Einstellungen (siehe Taktraster-Einstellungen) und die Snap-Einstellungen (siehe Verschieben von Clips und Snap-Einstellungen) erinnert es sehr an das Arranger-Panel. Der Unterschied ist, dass die Zeitleiste des Arrangers mit dem Automationsspur-Bereich ersetzt worden ist.

Der Automationsspur-Bereich ist im Grunde genommen eine vergrößerte Version der primären Automationsspur, wie wir sie aus dem Arranger-Panel kennen. Auch hier gibt es ein Parameter-Auswahlmenü auf der linken Seite. Ebenso werden die Automationskurven der Parameter vor dem Hintergrund des Spurinhalts dargestellt.

Alle Funktionen zum Zeichnen und Editieren von Automationsdaten, die wir aus dem Automationsspur-Bereich des Arranger-Panels kennen, kommen auch hier zur Anwendung. Allerdings gibt es einige Unterschiede.

  • Im Automations-Editor-Panel gibt es nur eine Automationsspur. Falls Sie mehrere Parameter einer Spur gleichzeitig sehen wollen, müssen Sie dies im Arranger-Panel tun.

  • Die Clip-Aliasse (die Sie über dem Automationsspur-Bereich im Taktlineal finden) zeigen an, wo ein Clip beginnt und endet. Diese Aliasse lassen sich auch editieren.

    Auf die gleiche Weise, wie sich Arranger-Clips bewegen (siehe Verschieben von Clips und Snap-Einstellungen), editieren (siehe Verändern der Clip-Länge) und loopen lassen (siehe Clips loopen), können auch Clip-Aliasse bearbeitet werden. Denken Sie daran, dass die Einstellung für Automation Follow (siehe Parameter Follow und Automationssteuerung) festlegt, wie sich das Bewegen oder Editieren von Clips auf Automationsdaten auswirkt.

Im Spur-Editiermodus des Automations-Editor-Panels lassen sich also einfache, spurbasierte Automationsdaten bearbeiten. Für die weitergehende Bearbeitung von Automationsdaten gibt es den Clip-Editing-Schalter auf der linken Seite des Panels.

Clip-Editiermodus

Es gibt Situationen, in denen es sinnvoll sein kann, Automationsdaten statt mit einer Spur mit einem Clip zu verbinden, beispielsweise dann, wenn sich die Automation zusammen mit dem Clip wiederholen soll, oder beim Arbeiten mit dem Clip-Launcher.

Wenn Sie die Automationsdaten mit dem Arranger-Clip statt der Zeitleiste der Spur verbinden möchten, können Sie das Automations-Editor-Panel vom Spur-Editiermodus in den Clip-Editiermodus umschalten, indem Sie den Clip-Editing-Schalter aktivieren.

Wenn Sie mit Launcher-Clips arbeiten, werden alle Automationsdaten im Clip-Editiermodus mit dem Automations-Editor-Panel bearbeitet.

Sobald wir uns von einem spurbasierten Denken lösen, tauchen dieselben Fragen auf, die wir uns schon beim Clip-Launcher-Panel gestellt haben. Sofern Clips nicht auf einer Spur liegen, sind sie auch nicht mehr an ein festes Zeitraster gebunden oder haben eine bestimmte Länge. Aus diesem Grund haben alle Clips, die hier gezeigt werden, die Position 1.1.1.00 (ausgesprochen "Takt 1, Schlag 1") als relativen Startpunkt.

Clips im Launcher werden in der Standardeinstellung geloopt. Im Clip-Editiermodus des Automations-Editor-Panels können wir entscheiden, ob die Automationsdaten eines Clips an den musikalischen Inhalt gebunden sein sollen oder nicht.

Das Symbol des Free-Running-Schalters zeigt einen laufenden Mann mit dem Wort Free. Sobald er aktiviert ist, können Automationsdaten so bearbeitet werden, dass sie unabhängig von den Noten- und Audio-Events eines Clips abgespielt werden. Sobald der Free-Running-Schalter aktiviert ist, kann man mit dem Parameter Start festlegen, welcher Teil der Clip-Automation zuerst abgespielt werden soll.

Neben dem Free-Running-Schalter befindet sich der Custom-Loop-Schalter. Wenn er aktiviert ist, können Sie unterschiedliche Werte für die Einstellungen Loop-Start und Loop-Länge eingeben. Wenn er deaktiviert ist, wird die Automation des Clips genauso geloopt wie dessen musikalischer Inhalt.

Mit diesen Optionen lassen sich einige sehr dynamische Effekte realisieren, wie im folgenden Beispiel gezeigt wird.

Abgesehen von den aktivierten Schaltern Free-Running und Custom-Loop wurde hier nur die Loop-Länge von 1.0.0.00 (ein Takt) auf 1.1.0.00 (ein Takt und eine Viertel Note) gesetzt. Indem die Automation alle fünf Schläge wiederholt wird, die Noten des Clips aber schon nach vier Schlägen, wiederholt sich das Muster der Automation und der Noten nur jeden fünften Takt (nach 20 Schlägen).

[Anmerkung]Anmerkung

Falls Sie einen dieser Parameter verändern, müssen Sie den Clip erneut abspielen, um eine Veränderung zu hören.

Dies ist nur ein Beispiel, wie Sie Variationen des musikalischen Inhalts und der Automation eines Clips erzeugen können. Mit den verfügbaren Optionen werden Sie Ihre eigene bevorzugte Anwendung finden.

Relative Automation

In allen bisherigen Beispielen kam nur die absolute Automation zur Anwendung. Die Automationswerte waren immer exakten Werten eines Parameters zugeordnet. Einige Beispiele wurden schon zu Beginn des Kapitels gegeben: -9.43 dB, 2.88 kHz und 124 %.

Bitwig Studio besitzt aber zusätzlich noch die Möglichkeit, Parameter auf eine relative Weise zu verändern. Mit relativer Automation können Sie Parameter bis zu ±50% ihrer gesamten Bandbreite bewegen (additive Automation) oder sie skalieren, von 100% ihres aktuellen Wertes bis zu 0% (multiplikative Automation).

Als wir begonnen haben, im Clip-Editiermodus zu arbeiten, erschienen drei Schalter neben der Anzeige Autom. Type.

Diese drei Symbole zeigen uns den gerade gewählten Automationsmodus an: absolute Automation (A), additive Automation (+) und multiplikative Automation (x).

Wenn eines dieser Symbole dunkel gefärbt ist, bedeutet dies, dass Automationsdaten dieser Art vorhanden sind. Das obige Beispiel zeigt, dass es absolute Automationsdaten für den ausgewählten Parameter gibt. Wenn ein Symbol nicht dunkel gefärbt ist, gibt es keine Automationsdaten dieses Typs.

[Anmerkung]Anmerkung

Es kann alle Arten von Automationsdaten für einen einzelnen Parameter geben. In diesem Fall wird zuerst die absolute Automation angewandt, um dann von der additiven Automation moduliert zu werden. Die multiplikative Automation wird zuletzt abgearbeitet und hat "das letzte Wort".

Für das folgende Beispiel benutzen wir einen eintaktigen Launcher-Clip. Wir wollen das Cutoff des Filters zuerst etwas erhöhen, dann etwas zurücksteuern und am Ende des Taktes wieder beim Ausgangswert ankommen. Wir können dies mit additiver Automation einzeichnen.

Wie wir sehen, endet die Automation bei 0.00 %, d. h. diese additive Automation ist bipolar. Sie steigt zunächst auf 20 % an und fällt danach auf -20.0 % ab. Wir sehen außerdem, dass das Symbol für die additive Modulation als einziges dunkel gefärbt ist und somit aktuell die einzige Automation für diesen Parameter ist.

Als Nächstes ziehen wir den Launcher-Clip in den Arranger und loopen ihn auf einer Länge von acht Takten.

Wenn wir die absolute Automation – in diesem Fall die Spurautomation, da wir uns im Arranger befinden – betrachten, sehen wir, dass die Automationskurve auf eine Länge von acht Takten erweitert worden ist, jedoch scheint sie nicht mehr um den Nullpunkt herum zentriert zu sein. Wir wollen nun sowohl die Automation als auch das Filter-Device zusammen betrachten.

Wir können nun sehen, dass sich der voreingestellte Wert des Cutoff-Parameters ein ganzes Stück unter dem Zentrum des Wertebereichs befindet. Weil die Automation relativ ist, können wir an dem Cutoff-Knopf drehen, bis die Automation zentriert ist.

Wir könnten hier noch zwei weitere Bearbeitungen vornehmen. Zunächst können wir absolute Automationsdaten über die Länge der acht Takte einzeichnen, um den Cutoff von unten nach oben und wieder zurück zu bewegen. Wir tun dies, indem wir drei Automationspunkte mit einem Doppelklick erstellen und dann den mittleren Punkt mit gehaltener ALT-Taste verschieben, um die Kurvenform zu verändern.

Die blaue Linie ist die Kurve der absoluten Automation. Die schattierte Fläche zeigt uns den endgültigen Parameterwert an, der das Resultat der absoluten und relativen Automation ist. Wenn Sie die Wiedergabe starten, werden Sie sehen, wie sich die Cutoff-Steuerung analog zu der absoluten Automationskurve bewegt und sich der Indikatorring des Cutoff-Reglers bewegt, um den finalen Parameterwert anzuzeigen.

Eine weitere Option ist, auf absolute Automation ganz zu verzichten und stattdessen relative Automation zu benutzen, um den Sound etwas lebendiger zu gestalten. Während der Wiedergabe könnten wir den Parameter dann mithilfe eines MIDI-Controllers (siehe Kapitel 15: MIDI-Controller) in Echtzeit steuern. Dies wäre eine gute Technik für eine Live-Performance.

[Anmerkung]Anmerkung

Immer wenn sich ein Indikator eines Parameters unabhängig vom Regler selbst bewegt (wie z. B. der Cutoff-Knopf und sein Indikatorring im vorherigen Beispiel), findet eine Modulation statt. Relative Automation ist eine Form von Modulation, weitere Beispiele finden Sie in Das Unified-Modulation-System.

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