16. Modulatoren, Device Nesting und mehr

Wir haben uns mit Devices bereits über das gesamte Handbuch hinweg beschäftigt. Wie wir gesehen haben, ist es durchaus möglich, Devices zu benutzen, ohne ihre erweiterte Funktionalität zu kennen. In diesem Kapitel werden wir nun tief in die fortgeschrittenen Möglichkeiten der Devices eintauchen.

Ziel dieses Kapitels ist es nicht, Ihnen jedes Device oder seine Parameter im Einzelnen zu erklären, sondern Ihnen vielmehr die grundlegenden Konzepte der Devices anhand von Beispielen zu vermitteln. Eine Beschreibung der einzelnen Devices finden Sie im nächsten Kapitel (siehe Kapitel 19: Device-Referenz).

In diesem Kapitel werden wir neben Nested-Device-Chains auch Bitwig Studios einzigartiges Unified-Modulation-System (mitsamt den Modulator-Modulen) kennenlernen. Außerdem werden wir mehr über die erweiterten Plug-in-Optionen erfahren.

Herzlichen Glückwunsch, wir haben es bis ins tiefe Wasser des Pools geschafft! Nun lassen Sie uns tief Luft holen.

Nested-Device-Chains

Wir wissen bereits, dass jede Spur ihre eigene Device-Chain besitzt. Außerdem sind wir schon auf den Begriff "Top-Level-Device" gestoßen, der bedeutet, dass sich ein Device direkt in der Device-Chain einer Spur befindet.

Die meisten Devices in Bitwig Studio bestehen wiederum aus einer oder mehreren eigenen Device-Chains. Diese Device-Chains, die sich auf tieferen Ebenen befinden, nennen wir Nested-Device-Chains.

Zum einen kann ein einzelnes Preset eine große Konfiguration von Devices beinhalten, von einem einzelnen Device bis hin zu einer ganzen Signalkette mehrerer Devices. Zum anderen lassen sich mit Nested-Devices komplexe Verschaltungen erzeugen, die mit üblicher Software nicht möglich wären, wie z. B. das Mischen von parallelen und seriellen Signalketten innerhalb eines Devices.

Aber lassen Sie uns zunächst wieder zu den Device-Chains zurückkehren. Da die Möglichkeit einer parallelen Signalstruktur bereits erwähnt worden ist, sollten wir uns nun dem Mix-Regler zuwenden.

Der Mix-Parameter

Für viele Audioeffekte ist es entscheidend, dass sich das Originalsignal zum Effektsignal dazumischen lässt. Ein gutes Beispiel ist ein einfacher Delay-Effekt. Das Hören des Originalsignals liefert den Bezug zum verzögerten Effektsignal. (Wenn wir ausschließlich das Delay-Signal hören würden, würden wir es einfach nur als "zu spät" wahrnehmen.)

Um dies zu erreichen, besitzen viele Audioeffekte einen Wet/Dry-Regler. Dies ist üblicherweise ein einzelner Knopf, mit dem sich das originale "Dry"-Signal mit dem "Wet"-Effektsignal überblenden lässt.

Sie finden diese Funktion in vielen Bitwig-Devices als Mix-Parameter.

Im obigen Beispiel benutzen wir den Freq-Shifter-Audioeffekt, einen Frequency-Shifter. Indem wir den Mix-Parameter auf 33.3 % setzen, ist ein Drittel des Ausgangssignals das Resultat des Frequency Shifters. Das heißt, dass das Signal am Eingang des Devices (bevor es den Effekt durchläuft) zwei Drittel des Ausgangssignals ausmacht, also eine 2:1-Überblendung von Original- zu Effektsignal. Wenn der Mix-Parameter auf 66.6 % gesetzt wird, wäre das Verhältnis umgekehrt, also eine 2:1-Überblendung von Effekt- zu Originalsignal.

Wenn Sie also auf einen Mix-Parameter in der unteren rechten Ecke eines Bitwig-Devices stoßen, steht Ihnen dieselbe parallele Signalstruktur zur Verfügung. Bei einem Mix-Wert von 100 % ist kein Originalsignal im Ausgangssignal vorhanden, und bei einem Wert von 0.00 % wird der Effekt komplett ausgeblendet, sodass nur das Originalsignal zu hören ist.

[Anmerkung]Anmerkung

Wenn Sie auf einen Mix-Parameter stoßen, der sich nicht in der unteren rechten Ecke befindet, hat dieser eine andere Funktion innerhalb des Devices.

Der Mix-Parameter ist nicht nur auf Audioeffekte beschränkt, sondern bei vielen Devices in nahezu allen Kategorien zu finden. In den Kategorien ohne Mix-Regler (Note FX und Instrumente) wird das Audiosignal direkt zum Ausgang weitergeleitet.

Container-Devices

Nachdem wir nun einen einfachen Routing-Regler kennengelernt haben, kommen wir jetzt zu den Nested-Device-Chains und zu Devices, die uns ermöglichen, parallele Device-Chains zu erstellen.

Container-Devices sind Werkzeuge, deren primäre Funktion es ist, andere Devices in sich aufzunehmen. Während es viele Devices gibt, die eine Nested-Device-Chain beinhalten, können Container-Devices ohne diese nicht existieren.

Als wir uns den Track-Fold-Schalter (siehe Spur-Header) angeschaut haben, sind uns bereits drei Container-Devices begegnet (Drum Machine, Instrument Layer und FX Layer). Die beiden "Layer"-Devices wurden in Arbeiten mit Devices beschrieben. Jedes dieser Devices kann eine große Anzahl Device-Chains in sich aufnehmen.

[Anmerkung]Anmerkung

Mithilfe von Layer-Devices kann ein Signal an mehrere Noteneffekte (Note FX Layer), Instrumente (Instrument Layer) oder Audioeffekte (FX Layer) gleichzeitig gesendet werden. Weiterhin existieren eine Reihe von Selector-Devices (Note FX Selector, Instrument Selector und FX Selector), um ein Signal auf eine gezielt steuerbare Weise an nur ein Device zu senden (siehe Instrument Selector).

Mit einem Rechtsklick auf die Kopfzeile eines Layer- oder Selector-Devices können Sie ein Pop-up-Menü öffnen, in dem sich verschiedene Konvertierungsoptionen befinden, wie man im Folgenden am Beispiel des Instrument Layers sehen kann.

Drum Machine

Drum Machine kann viele Instrumente in sich aufnehmen, und jedes dieser Instrumente wird von einer speziellen Note angesteuert (zum Beispiel C1 für die Kick-Drum, F#1 für das geschlossene Hi-hat etc.).

Aufgrund der 128 verschiedenen MIDI-Noten gibt es in der Drum Machine bis zu 128 Device-Chains, die hier Drum-Chains genannt werden. Es werden 16 Drum-Chains gleichzeitig angezeigt, und im Chain-Scroll-Bereich können Sie durch verschiedene Drum-Chains scrollen.

In einer leeren Drum-Chain befindet sich eine Anzeige der Note, mit der sie angesteuert wird, sowie ein Add-Device-Schalter (+), mit dem Sie ein Device laden können.

Bei verwendeten Drum-Chains finden wir den Chain-Namen am oberen Rand sowie den Vorhör-Schalter, einen Solo-Schalter und einen Mute-Schalter am unteren Ende.

Rechts neben den Drum-Chains finden wir den Channelstrip der ausgewählten Chain. Jede ausgewählte Drum-Chain ist durch einen blaugrünen Rahmen gekennzeichnet, und in diesem Bereich finden Sie einen kleinen Channelstrip, der wiederum Mute- und Solo-Schalter enthält, einen Lautstärke-Fader, einen Panorama-Knopf und eine Pegelanzeige.

In der Mitte jeder verwendeten Drum-Chain wird außerdem eine kleine Chain-Vorschau angezeigt. Auf dieser Linie werden kleine Quadrate angezeigt, deren Anzahl die Menge der Devices darstellt, die es auf der obersten Ebene der Drum-Chain gibt.

[Anmerkung]Anmerkung

Da nur eine begrenzte Anzahl von Quadraten in der Vorschau angezeigt werden kann, können weitere Devices in der Drum-Chain hinzugefügt werden.

Um eine einzelne Chain anzeigen zu lassen, klicken Sie auf die Chain.

Was Sie nun sehen, ist die Drum-Chain selbst, die wiederum eine Device-Chain ist. Die beiden Quadrate in der Chain-Vorschau stellen die E-Hat- und Delay-1-Devices dar.

Bei einer vollständig angezeigten Drum-Chain erscheint ein blauer Rahmen um die selektierte Zelle. Zusätzlich sind die Devices innerhalb der Chain mit einer blauen Klammer eingefasst, die Beginn und Ende der Chain anzeigt. Außerdem wird sie aufgrund derselben Farbe auch optisch mit der Zelle verbunden.

Nach dem gleichen Prinzip befindet sich das Delay-1-Device innerhalb dieser Drum-Chain. Das bedeutet, dass nur dieses eine Instrument (das durch F#1 angesteuert wird) durch Delay-1 läuft.

Wenn wir nun das Device nach rechts aus der Drum-Chain herausziehen, wird es in der Device-Chain der Spur hinter der Drum Machine platziert.

Somit werden alle Audiosignale, die aus der Drum Machine kommen, durch das Delay-1 geschickt.

Eine Funktion, die es so nur in der Drum Machine gibt, ist die Möglichkeit, durch Triggern von bestimmten Noten andere Noten "abzuwürgen" (engl.: choke). Dies erlaubt Ihnen, mehrere zusammenhängende Elemente in einer Choke-Group zusammenzufassen, in der immer nur ein Element erklingen darf. Ein klassisches Beispiel für eine Choke-Group sind Hi-hats eines Schlagzeugs, bei denen der Klang des geschlossenen Hi-hats immer den des offenen Hi-hats verstummen lässt. Es gibt aber auch viele andere Anwendungsmöglichkeiten.

Um einer Chain ein Choke-Ziel zuzuweisen, öffnen Sie mit einem Rechtsklick auf die Chain das Kontextmenü und wählen im Untermenü Choke targets die Chain, die durch das Triggern der aktuellen Chain verstummen soll.

Um eine Chain als Choke-Ziel auszuwählen, öffnen Sie mit einem Rechtsklick auf die Chain das Kontextmenü und wählen im Untermenü Choked by die Chain aus, die durch das Triggern die aktuelle Chain verstummen lassen soll.

Diese beiden Optionen erlauben Ihnen das Erstellen von Choke-Groups aus der Perspektive sowohl der Quelle als auch des Ziels. Beachten Sie bitte auch, was durch dieses Verfahren möglich ist: Chain A lässt Chain B verstummen, aber Chain B kann Chain A weiterspielen lassen.

Instrument Layer

Instrument Layer können mehrere Instrumente aufnehmen, die gleichzeitig von allen eintreffenden Noten angesteuert werden. Die Hauptanwendung für dieses Device ist das Erstellen von gelayerten Sounds oder "Stacks."

Die Chains in diesem Device werden Instrument-Chains oder Layer genannt. Jede von ihnen ist eine komplette Device-Chain, aber im Gegensatz zur Drum Machine gibt es hier keine vorgegebene Anzahl an Chains. Deshalb gibt es auch nur einen Add-Device-Schalter in der Hauptanzeige des Instrument Layers, mit dem jedes neue Device auf einer neu erstellten Instrument-Chain platziert wird. Wenn genug Instrument-Chains hinzugefügt worden sind, können Sie durch die Liste vertikal scrollen.

Jede Instrument-Chain besitzt ihren eigenen Channelstrip, ähnlich dem Spur-Header im Arranger-Panel. Wie im Arranger wird die selektierte Chain in einer hellgrauen Farbe dargestellt.

[Anmerkung]Anmerkung

Ähnlich wie bei Instrumentenspuren hat jedes Layer eine Einstellung im Inspektor-Panel, um den MIDI-Kanal (Channel) festzulegen, auf dem Daten empfangen werden sollen. Diesen stellen Sie mit dem Schalter From ein (siehe Eine MIDI-Quelle auswählen). Somit lassen sich multitimbrale Instrument-Layer-Devices erstellen, bei denen eine einzelne Spur mehrere Layer ansteuern kann, sofern Noten und andere Daten auf unterschiedlichen Kanälen senden.

FX Layer

FX Layer sind nahezu identisch mit den Instrument Layern, mit dem Unterschied, dass sie FX-Chains aufnehmen können.

Andere Arten von Device-Chains

Es gibt in Bitwig Studio noch andere Arten von Nested-Device-Chains, von denen manche weniger, manche öfter auftauchen.

Einige der gebräuchlichsten Arten von Nested-Device-Chains:

  • FX (oder Post-FX) ist eine Nested-Device-Chain, mit der Sie das gesamte Ausgangssignal eines Devices bearbeiten können. Der einzige Unterschied zur Platzierung von Effekten hinter einem Device ist, dass diese Chain mitsamt dem Device abgespeichert wird. Dies erleichtert das Verschieben des Devices mitsamt seinen Modulatoren oder das Abspeichern von Presets. Diese Art der Chain wird üblicherweise von Instrumenten oder Containern von Instrumenten benutzt.

    Post-FX arbeiten exakt nach dem gleichen Prinzip, tauchen aber in Devices auf, in denen andere Chains in der Signalkette davor liegen.

  • Pre-FX ist eine Nested-Device-Chain, die in der Signalkette unmittelbar vor einem Device liegt.

  • Wet-FX ist eine Nested-Device-Chain, die nur den Wet-Anteil des Ausgangssignals von einem Device bearbeitet. Das unbearbeitete Signal umgeht diese Chain und wird später dazugemischt. Alle Devices innerhalb dieser Chain haben wiederum einen Mix-Parameter.

  • FB-FX ist eine Nested-Device-Chain, die innerhalb der Feedback-Schleife eines Devices platziert wird. Dies ist üblicherweise bei Delay-Devices der Fall.

[Anmerkung]Anmerkung

Genauso wie Bitwig-Devices können auch Plug-ins in jedem Device und an jeder Stelle verwendet werden.

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